Bernhard Trübenbach

Dipl. Ing. Architekt BDA

Das Büro Trübenbach Architekten setzt Bauprojekte um, die immer Einzelfälle sind. Jedes Haus steht unter anderen Bedingungen und bereichert seinen Standort mit eigenen Details in Material und Form. Entwürfe von Wohnhäusern verbinden die Bedürfnisse der Bewohner*innen mit den Gegebenheiten eines Grundstücks und den Besonderheiten eines Stadtteils. Die Wertschätzung der Umgebung ist dabei ebenso wichtig wie die zeitgemäße Umsetzung von moderner Architektur. So stehen die geplanten Häuser nicht nur für sich selber, sondern auch für die Aufgaben, die sie erfüllen, und Leute, die sie umgeben. Es entsteht Architektur, die ein Teil der Stadt wird.

1958
geboren in Oberhausen
1979–
1986
Architekturstudium RWTH Aachen
1986–
1989
Mitarbeit im Büro Prof. O. M.Ungers, Köln
seit
1990
Mitglied im BDA, Bund Deutscher Architekten
1989–
2004
Gemeinsames Architekturbüro mit Ulrich Wiegmann in Köln (Wiegmann & Trübenbach Architekten)
2003
Kölner Architekturpreis (mit Ulrich Wiegmann) (Auszeichnung)
seit
2004
Architekturbüro Trübenbach Architekten, Köln
2004
Architekturpreis Nordrhein-Westfalen (mit Ulrich Wiegmann) (Auszeichnung)
2007
BDA Architekturpreis »Große Nike« (mit Ulrich Wiegmann) (Nominierung)

"Jedes Haus braucht eine Seele"
ein Interview von Dr. Oliver Herwig
aus "Trübenbach Architekten Projekte"
Köln 2019

Herr Trübenbach, warum sind Sie Architekt geworden?

Ich konnte schon als Kind sehr gut zeichnen und hatte viel Spaß daran. Bei der Berufswahl hat mir sicherlich geholfen, dass mein Vater in seiner Freizeit immer etwas baute, Schmuckkästchen für meine Mutter und Ritterburgen aus Sperrholz für meine Brüder und mich. Daneben schmiedete er ganze Zaunanlagen für die Nachbarschaft, Lampen und Kerzenständer, alles nach eigenen Entwürfen. Über ihn bin ich zum Zeichnen gekommen, zu malen und zu modellieren, das hat mich immer fasziniert. Zuerst waren es Kohle und Kreide, dann kam Farbe hinzu: Ölfarbe und Ton, Wachs und Speckstein.
Meine Mutter war ein fränkisches Powerpaket, die meine Zeichnungen und Skulpturen meist nicht mochte, so dass ich früh gelernt habe, für meine Ideen einzustehen, auch gegen starke Widerstände.

 

Müssen Architekten eigentlich gut zeichnen können?

Zumindest haben solche Architekten Vorteile, die gut zeichnen können und Gespür für Proportionen haben. Dieses Gespür entwickelt sich beim Zeichnen und Modellbauen – und weniger beim Entwerfen am Computer.

 

Vom Zeichnen zum Plan gibt es ja noch einen Abstraktionsschritt. Können denn Bauherren Pläne lesen?

Technische Pläne nur bedingt, aber ich arbeite ja gerne mit Skizzen. Diese sind als Vermittler der Idee viel kraftvoller als technische Zeichnungen. Sehen Sie zum Beispiel dieses aktuelle Projekt eines Schulungszentrums mit dazugehörigem Hotel (er fischt eine Zeichnung aus einem Stapel Bücher und Broschüren), das musste in wenigen Tagen stehen, in dieser Kürze war an eine digitale Zeichnung gar nicht zu denken, ich musste also mit Skizzen arbeiten.

 

Bauen Sie dann sofort Modelle?

Nein, Modelle entstehen danach, wenn es konkret wird. Vor allem, um Details auszuprobieren, wie sie in der dritten Dimension funktionieren.

 

Aber irgendwann geht es raus, auf die Baustelle. Dort entscheidet es sich, …

… ob der Bau gelingt. Es kommt immer wieder vor, dass die Ausführung hinter den Planungsideen der Architekten zurückbleibt. Das zeigt sich besonders bei größeren Bauvorhaben. Die Baumasse mag zwar die gleiche sein, aber es können die falschen Materialen oder Details sein. Das ist oft dem Kostendruck geschuldet oder der Nachlässigkeit derer, die die Ausführungsplanung und die Materialfestlegungen übernommen haben.

 

Könnten Sie sich das vorstellen: Die Ausführungsplanung für ein anderes Büro zu übernehmen?

Überhaupt nicht.

 

Warum nicht?

Meine Leidenschaft als Architekt gilt dem Entwurf. Im Grunde ist jeder Entwurf wie ein eigenes Kind, ein Stück von einem selbst. Wenn ich einen fremden Entwurf übernehmen müsste, könnte ich das als ausgebildeter Architekt auf jeden Fall, aber ich würde es nicht wollen, mir fehlte der emotionale Bezug.

 

Nun entwickeln sich ja auch die eigenen „Kinder“ weiter; sie sind in der Welt und führen ein eigenes Leben. Was sollte ein Haus nach zehn, 20, 30 Jahren Benutzung noch zeigen?

Wir erleben gerade genau das: Unsere ersten Gebäude sind 30 Jahre alt. Ich habe nichts dagegen, wenn sie sich verändern, es eventuell Anbauten oder Aufstockungen gibt. In vielen Fällen rufen die Eigentümer an und fragen, wie sie es machen können. Das ist der Idealzustand. Häuser verändern sich – wie die Menschen darin. Solange wir die Rückkopplung erhalten, dass die Bewohner immer noch gerne darin wohnen, ist es prima. Sie leben ja nicht in einer Skulptur, die nicht verändert werden darf.

Gute Architektur

Gibt es Kriterien für gute Architektur?

Gibt es, die sind allerdings schwer zu fassen.

 

Sie bleiben also an ein konkretes Objekt gebunden?

Genau. Man muss das Gefühl haben, dass das Gebäude stimmig ist. Selbst, wenn man glaubt, dass das Raumprogramm erfüllt ist und das Haus passt, geht es um mehr: Jedes Gebäude braucht eine „Seele“. Und dieses Ziel versuche ich immer zu erreichen.

 

Sie meinen jetzt nicht, ein Haus müsse herausstechen?

Nein, überhaupt nicht. Wenn ich von einem stimmigen Haus spreche, geht es um klassische Forderungen: die richtigen Materialien und Proportionen oder das richtige Verhältnis der Farben zueinander. Ein Gebäude sollte eine ruhige Selbstverständlichkeit ausstrahlen und positive Rückkopplungen herstellen.

 

Können Sie dafür ein Beispiel geben?

Nehmen wir das historische Stadtzentrum von Paris. Die einzelnen Gebäude sind in sich alle stimmig, es gibt keines, das heraussticht, in der Summe und aufgrund der städtebaulichen Gesamtstruktur haben sie eine angenehme Selbstverständlichkeit, die Menschen aus aller Welt dorthin lockt. Selbst die großartigen innerstädtischen Prestigebauten folgen diesem Prinzip.

 

Ihre Häuser sind angenehm modern. Trotzdem beziehen Sie sich gerne auf klassische Elemente.

In der Tat gibt es immer wieder eine klassische Dreigliederung und den Wechsel aus Fensterbändern und stehenden Fenstern. Ein Städtebau, der nur auf eine horizontale Gliederung setzt, vergibt sich viel. Dort entsteht keine räumliche Spannung. Es ist problematisch, wenn man bei Neubaugebieten nicht weiß, wo der geschlossene Raum aufhört und der offene anfängt. Wenn dann noch eine horizontale Gliederung der Fassaden dazukommt, geht jede Spannung verloren.

 

Der Kontext entscheidet?

Der Kontext ist immer wichtig, keine Frage. Die Geschichte ist Teil des Lebens und Denkens eines jeden Architekten. Wir bauen ja immer in städtebaulichen und nachbarschaftlichen Zusammenhängen. Und wenn wir die Historie des Ortes und Umfeldes missachten, entstehen nur Solitäre, die auch im Nirwana oder an jedem beliebigen Ort der Welt stehen könnten.

 

Kommen wir vom großen Ganzen zurück zum Bauherren. Wo kann man sparen, woran sollte man nie sparen bei Wohnhäusern?

Niemals an bestimmten Materialien. Sparpotentiale liegen eher bei der Ausstattung, etwa von Badezimmern, dort gibt es durchaus gut gestaltete Objekte, die man ganz selbstverständlich und preisbewusst einsetzen kann.

 

Sie sind dann eine Art Coach …

… richtig. Ich versuche zu lenken.

 

Kostendruck sind Sie gewohnt. Wie gehen Sie damit um?

In der Tat. Zuerst mache ich dem Bauherrn klar, dass die Budgetierung Konsequenzen für die Planung hat. Allerdings sorgen gesetzliche Auflagen wie die Energiesparverordnungen sowie Normen zu Barrierefreiheit und Bewegungsflächen dafür, dass, egal, was gebaut wird, die Unterschiede immer fließender werden und sind.

 

Sie sagten, Sie bauen Häuser so, dass Sie selbst in jeder Ihrer Wohnungen leben könnten.

Das war immer das Ziel: durchgängig die Qualität zu halten. Über die Jahre haben wir, also meine Familie, das tatsächlich gemacht und sind mehrfach umgezogen. Wenn man mit diesem Ansatz ans Entwerfen geht, gibt es keinen Ausschuss. Oder es sollte keinen Ausschuss geben.

 

Architektur hat also immer etwas mit ihren Entwerfern zu tun.

Ja! Ich habe aber den Eindruck, dass das immer weniger der Fall ist. Die Individualität eines Architekten sollte sich in gewisser Weise im Gebäude widerspiegeln. Er sollte Schöpfer von positiven Raumerlebnissen und Erinnerungen sein.

 

 

Freiheit leben

30 Jahre bauen Sie nun, eine ganze Architektengeneration. Was zeichnet Ihre Entwürfe heute aus im Vergleich zu früher?

Durch viel Erfahrung ist der Entwurfsprozess entspannter geworden. Die Gebäude stehen heute selbstverständlicher da als die Erstlingswerke. Die waren noch eher kleine Skulpturen. Die Erscheinung war wichtiger als der Grundriss, das hat sich völlig verändert. Ich sehe heute das Grundstück und versuche, Grundriss und äußere Gestalt von Anfang an zusammen zu denken. Das ermöglicht mir, den Bruch zwischen Innen und Außen zu vermeiden.

 

Haben Sie eigentlich selbst ein Lieblingshaus?

Ich fahre immer wieder gerne an dem Haus in Marienburg in der Parkstraße vorbei, diese einfache, aufgestellte Kiste. Dort hatte ich selbst noch die Bauleitung und mit dem Bauherren Kontakt bis zur Schlüsselübergabe. Obwohl hier Gebäudeform und -gestaltung in keiner Weise der Nachbarbebauung entsprechen, fügt sich die Bebauung dennoch unaufgeregt in die städtebauliche Struktur ein, was einmal mehr zeigt, dass gute Architektur auch von der inneren Spannung lebt, alt und neu eine kongeniale Beziehung eingehen können.

 

Anfangs bestand wohl auch noch ein Dualismus zwischen zwei Lehrmeistern: Oswald Mathias Ungers und Gottfried Böhm?

Das ist so. Als Student der RWTH Aachen war ich fasziniert von Gottfried Böhm, dem damals bedeutendsten Professor dort, aber auch fasziniert von der Konsequenz eines Oswald Matthias Ungers, in dessen Büro in Köln ich meine ersten beiden Praxisjahre als junger Architekt verbracht habe. Spannend zu sehen, wie unterschiedlich diese beiden fast gleichalten Architekten sich entwickelten. Ungers hat sich immer mehr zusammengezogen, Böhm immer weiter geöffnet. Das hängt auch mit ihren Entwurfsmethoden zusammen: Der eine zeichnete in Kohle, malte mehr, als dass er zeichnete, und knetete seine Entwürfe in Plastilin zusammen, der andere hatte eine klare Vorstellung eines Entwurfsprinzips, das er versuchte, auf die Aufgabe zu übertragen.

 

Ihre Entscheidung scheint ziemlich klar: Freiheit.

Ich bin tatsächlich freier geworden.

 

Das geht so weit, dass Sie trotz Normen der Gestaltung den Vorrang geben.

Den absoluten Vorrang. Denn der Druck der Normen auf uns Entwerfer wird immer stärker. Daher umso mehr: Gestaltung!